Wieder saß sie an ihrem Platz in der Halle. Wieder sah sie dem Rauch der Zigarette nach. Wieder war sie von der Ruhe dieses Ortes umgeben. Wieder. Nachdem sie ihre Nachricht hinterlassen hatte, hatte der Raum sich geändert. Er hatte nicht nur durch den kleinen Zettel am Boden seine Gestalt geändert, er war auch zu einem anderen Ort für Adriana geworden. Anstatt hier Ruhe zu finden, kam sie her um zu suchen. Um herauszufinden, was es mit der Roten Nachricht auf sich hatte. Der kleine rote Zettel hatte sie so sehr beschäftigt, dass sie ihm einen Namen gegeben hatte, wie ein Kapitel in einem Buch. "Berlin muss warten", Ein Tag am Meer", "Die Rote Nachricht". Doch bei jedem Besuch wurde sie auf's neue enttäuscht. Ihr weißer, eilig bekritzelter Zettel lag noch immer unangetastet am Boden. Im Raum war keine neue Rote Nachricht zu finden. Jedes mal hatte sie alles abgesucht. Mehr oder weniger penibel.
Mit einem festen Luftstoß, befreite sie ihre Lunge vom Rauch. Das Kapitel konnte also abgeschlossen werden. Es war spannend gewesen. Und antiklimatisch. Sehr antiklimatisch. "Da liegt ein rote Zettel auf dem Boden. Ende". Sie lachte über ihre eigenen Gedanken. Dann beschloss sie, das Mysterium des Zettels ein für alle mal gut sein zu lassen. Es war wohl doch nur ein Zettel, den sie übersehen hatte. Sie nahm einen letzten Zug und atmete langsam aus. Dann drückte sie die Zigarette auf dem Boden aus und legte sie zu den anderen.
Zu den anderen.
Da waren keine Anderen. Adriana war sich sicher, sie nicht weggeräumt zu haben.
Zu diesem Beitrag gibt es 24578 Kommentare. Wie hat Dir der Schnipsel gefallen?
Erwischt. Kurz vor dem letzten Satz war ich überzeugt, dass sie es wirklich gut sein lässt. Gut aufgebaut, gut geschrieben!