Die erste Sitzung

erstellt von Manuel Reinhardt zuletzt verändert: 12.07.2015 10:49

"Soll ich mich auf die Couch legen?" fragte Aislinn unsicher. Frau Dr. Färber lächelte freundlich. "Das ist ganz Ihnen überlassen. Setzen oder legen Sie sich hin, wo es sich richtig anfühlt." Die Psychiaterin selbst stand neben ihrem Schreibtisch. Abgesehen von der Couch kamen zwei Stühle auf beiden Seiten des Schreibtischs und zwei Sessel als Sitzgelegenheiten in Frage. Aislinn fühlte sich ausgesprochen unwohl dabei, im Zimmer zu stehen und mit der Wahl eines Sitzplatzes beauftragt zu sein. Beinahe hätte sie sich auf die Couch gelegt, nur um die Situation zu beenden, fürchtete dann aber, vom Regen in die Traufe zu kommen und machte doch einen Schritt nach links und setzte sich in einen der Sessel. Dr. Färber nahm im anderen Sessel Platz und sah sie freundlich aber schweigend an. Aislinn war ein wenig verwirrt. Sie hatte erwartet, etwas gefragt zu werden, oder vielleicht eine Erklärung zu bekommen, wie das Ganze ablaufen würde. Sollte sie selbst eine Frage stellen? Sie hätte nicht gewusst, welche. Sollte sie ein Gespräch über irgendetwas beginnen? Das war so gar nicht ihre Art. Sie beschloss, auch erst einmal zu schweigen und abzuwarten. Um den Blick der Psychiaterin nicht erwidern zu müssen sah sie sich im Zimmer um. Hier drin sah es deutlich anders aus als draußen im Rest der Praxis. Dort schrie alles "Arzt", hier konnte man sich fast in einer Privatwohnung wähnen. Der graue Teppichboden war größtenteils von einem orientalischen Teppich verdeckt. An den Wänden standen mehrere Regale mit verschiedenen Büchern, sowohl Fachbüchern als auch Romanen, allerdings sauber von einander getrennt. Dazwischen hingen zeitgenössisch aussehende Gemälde. Die Bücher schienen RL zu sein, die Gemälde waren wahrscheinlich im lokalen Layer hinzugefügt. In dezenten Farben gemusterte Vorhänge säumten das Fenster, das auf einen Innenhof blickte. Mehrere kleine Lampen sorgten für ein warmes Licht.

Nach einer gefühlten Ewigkeit sagte Dr. Färber, "Diese Stunde gehört ganz und gar ihnen. Wir können machen, was sie wollen; reden, über was auch immer sie möchten. Es kann oft hilfreich sein, einfach auszusprechen, was ihnen gerade in den Sinn kommt." Aislinn seufzte innerlich. Na das konnte ja heiter werden.

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