Aus dem Augenwinkel sah er eine Bewegung, die ihn aus seinen Gedanken riss. Als er aufschaute und die Silhouette einen Block weiter sah, ahnte er es schon, und als sie in den dämmrigen Lichtkegel einer Straßenlaterne trat, hatte er Gewissheit: Es war Gravity. Sie hatte sich kaum verändert. Ihre schwarzen Haare schienen nahtlos in ihre dunkle, unauffällige Kleidung überzugehen. Ihre Bewegungen waren irgendetwas zwischen anmutig und zögernd. Auf die Entfernung war es wahrscheinlich, dass er es sich einbildete, aber ihm war, als könne er das unvermeidliche traurige Glitzern in ihren grünen Augen sehen, aus denen sie ihn stumm ansah, während sie weiter auf ihn zu kam.
Sie hatten sich eine Weile nicht gesehen. War es ein halbes Jahr? Oder schon ein ganzes? Er hatte sie kennengelernt kurz nachdem er nach München zurückgekommen war. Sie hatten den ein oder anderen Server zusammen geknackt, waren ein paar Mal ausgegangen, hatten hin und wieder das Bett geteilt. Immer wieder war sie für eine Weile verschwunden. Zuerst hatte ihn das wahnsinnig gemacht, inzwischen hatte er sich darauf eingestellt. Trotz allem hatten sich ihre Wege immer wieder gekreuzt.
Vor dem mit einem Gitter gesicherten Schaufenster eines Schnapsladens kamen sie zum Stehen.
"Hey Grav."
"Hey Andrew."
"Wie geht's Dir?"
Sie sah zu Boden, zögerte.
"Ganz OK, schätze ich. Und Dir?"
"Außer dass ich an meinem Verstand zweifle kann ich nicht klagen", sagte er mit einem schiefen Lächeln. Sie sah ihn fragend an. "Vergiss es. Hast Du... irgendwas vor oder kann ich Dir nen Whisky spendieren?"
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